Veröffentlicht am 23. April 2021
Kategorien: Allgemein

Es steht fest. Alle kulturellen Veranstaltungen werden mit dem neuen Infektionsschutzgesetz, mit der Bundesnotbremse verboten, wenn die Inzidenz drei Tage hintereinander 100 überschritten hat. Fünf Werktage muss sie unter 100 liegen, faktisch eine Woche, wenn Kinos, Konzerthäuser oder Theater danach wieder öffnen wollen.

Alle hervorragenden Hygienekonzepte, oft mit hohen Investitionen umgesetzt, sind nicht berücksichtigt worden. Die Pilotprojekte, die zeigten: Niemand steckt sich in der Philharmonie oder im Berliner Ensemble an, wenn alle sich an die Regeln halten – sie werden ignoriert. Die dringenden Appelle der Berliner und Hamburger Kultursenatoren, Klaus Lederer und Carsten Brosda, wenigstens Open Air zu erlauben, haben nicht gefruchtet.(…)

Hamlets Monolog mit Maske im Supermarkt vor dem Regal mit den Prinzenrollen? Sein oder Nichtsein, es wäre skurillerweise erlaubt im korrekten Abstand der Einkaufswagen. Möglich wäre auch eine Premiere um Hamlet, den Prinzen vom Dänemark, im Dänischen Bettenlager, aber natürlich nur mit vorheriger Anmeldung und negativem Test.

Ganz im Ernst: In diesem Gesetz ist leider nirgendwo zu spüren, dass sich unsere Volksvertreter besondere Mühe gegeben hätten, die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Kultur angemessen zu würdigen, etwa durch ein wenig Verständnis für aufführungspraktische Probleme. Verbote sind allerdings leichter zu ertragen, wenn sie weniger pauschal, sondern differenzierter daherkommen.

Kulturmacher und Kulturgenießer waren und sind zu allem bereit, Nibelungenring mit FFP2-Maske, Figaro-Chor ebenfalls maskiert, Massentests vor dem Konzerthaus. Wir achten die Sorge um die Gesundheit aller, wir sind das Gegenteil von Corona-Leugnern, aber wir sind ob dieses Rasenmäherprinzips in einem Gesetzestext nur noch erschüttert.

Sendung: RBB, Inforadio, 21.04.2021, 12:55 Uhr

Text: Maria Ossowski